Derartig schien das Schicksal einer, vermeintlich gut gesicherten Fracht, welche das Schiff Aesir, seines Zeichens eines der persönlichen Transportschiffe von Tarellia, in seinen gewohnten Abgaben an die Weltregierung entsandt hatte. Regelmäßige Leser mögen sich daran erinnern, dass wir bereits zuvor über die kleine Insel Tarellia sprachen, einem angenehmen Eiland im North Blue, deren Handwerker bekannt für ihre zahlreichen Variationen von Sprengstoffen sind, welche auch einen großen Teil ihrer Abgaben an die Regierung ausmachen. Als die Fracht der Aesir jedoch, im Hafen von Mary Joa selbst, entladen und überprüft werden sollte, fand man, unseren anonymen Quellen zufolge, jedoch nichts weiter als leere Kisten vor. Einzig ein simples Blatt Papier ließ sich finden, auf dem ein, bis dato unbekanntes Emblem aufgezeichnet worden war.
Der Kapitän der Aesir plädierte auf seine Unschuld und auch seine Mannschaft will angeblich nichts von dem Vorfall gewusst haben, doch die Untersuchungen, wie auch das Verhör der Crew halten auch weiterhin an. Fest steht nur, dass die Sprengstoffe, welche bekanntermaßen vor allem in der Minenarbeit, wie zum Beispiel zur Räumung eingestürzter Stollen oder anderer Gefahren zum Einsatz gelangen, noch immer unauffindbar verweilen und ihr Verlust die Arbeit mit Sicherheit um einige Wochen, wenn nicht gar Monate zurück setzen wird.
Welche Bedeutung unterdes das seltsame Symbol haben mag, welches man anstelle der Lieferung vorfand, verweilt bis heute ebenso ungeklärt, wie seine genaue Beschaffenheit, da dieser Zeitung bisher leider keine Kopie zugesandt werden konnte. Wir halten sie jedoch auf dem Laufenden.
Vor knapp zwei Wochen hat der Tenryuubito Dworjanstwo Kusnezow in Begleitung von drei Marine-Kriegsschiffen das Heilige Land Mary Joa verlassen und sich auf den Weg zu einem unbekannten Ziel gemacht. Laut Gerüchten soll vor einigen Tagen der Kontakt zu allen Kriegsschiffen und dem Schiff von Kusnezow abgebrochen sein. Sofort hat die Marine einen Suchtrupp los geschickt, jedoch konnte man schon in der Nähe der letzten bekannten Position nur noch kleine schwarze Rauchsäulen am Horizont aufsteigen sehen.
Sowohl das Schiff des Tenryuubito als auch die Begleitschiffe fand man nur noch in Trümmern vor, zusammen mit ein paar wenigen Überlebenden. Sie alle berichteten, dass mitten in einem Sturm plötzlich zwei Schiffe am Horizont aufgetaucht sind. Das Schiff, welches an der Spitze fuhr, segelte unter schwarzer Flagge. Deutlich wurde das Symbol der Swart Leuu Piraten erkannt.
Mehr Informationen hat die Marine in ihrer Stellungnahme nicht preisgegeben. Doch laut zuverlässigen Quellen, konnte man nur noch den Leichnam des Himmelsdrachen-Menschen bergen.
Zu diesen Informationen gibt die Regierung jedoch keine Stellungnahme.
Kürzlich jedoch fanden sich einige beunruhigende Dokumente, wie auch andere Beweise, unter ihnen Aufzeichnungen von verschiedenen Videoschnecken, deren Inhalt wir, gerade zugunsten unserer empfindlicheren Leser hier nicht im Detail wieder zu geben wagen, in den Händen der Behörden vor, welche die Familie des Bürgermeisters, allen voran jedoch den Patriarchen selbst, in ein verstörendes, neues Licht brachten. Besagten, mehr als belastenden Dokumenten zufolge, galten die zahlreichen Investitionen an die arme Bevölkerung keinesfalls dazu, diese zu entlasten, sondern gingen vielmehr, über versteckte Kanäle, an einige der zwielichtigeren Gesichter des organisierten Verbrechens, welche auf lange Sicht gesehen maßgebliche Konsequenzen für die Bürger des unwissenden Mandragor gehabt hätten, zugleich jedoch die Taschen des Patriarchen nur weiter füllen sollten.
Wäre dem noch nicht genug, konnte einigen Aufzeichnungen entnommen werden, dass viele der von Trobark geförderten und im Zuge seines privat finanzierten Exkursprogrammes von der Insel gebrachten Jugendlichen, tatsächlich in die Sklaverei verkauft worden waren. Vermeintliche Briefe an die heimatlichen Lieben waren, so unsere Quellen, von langer Hand gefälscht worden, um mögliche Fragen von Familie oder Freunden unter Kontrolle zu halten. Derartige Hinweise führten, entgegen gewaltiger Skepsis und dem guten Namen der Trobarks zum Trotz, schlussendlich zu einer offiziellen Untersuchung, welche bedauerlicherweise ergab, dass es sich bei den Anschuldigungen um nichts als die blanke Wahrheit handelte. Auf weitere Fragen dazu, wie es möglich war, die verschwiegenen Machenschaften der Trobarks ans Licht zu bringen, erhielten wir nur den Vermerk auf ein anonymes Paket, welches die Wachstation eines Tages erreichte. In diesem befand sich, neben besagten Beweisen, nur ein simples, auf Papier gedrucktes Siegel.
Während Simon Trobark und seine Familie harte Strafen, wie auch einige Zeit hinter Gittern erwartet, wird auch weiterhin nach dem unbekannten Informanten gefahndet. Obgleich die Bevölkerung von Mandragor dieser Person einigen Dank ausspricht, erweist sich die Marine dennoch als sehr interessiert daran, wie jene an solch gut verborgene Informationen zu gelangen vermochte.
In den darauf folgenden Wochen lieferten sich Bandana und seine Rebellen einen regen, jedoch mehr als einseitigen Schlagabtausch mit den Gardisten unter Hauptmann Escobar. Selbst nachdem sich weitere Mitglieder der Bevölkerung den Rebellen angeschlossen hatten, erwiesen sich die schlecht bewaffneten Truppen als unzureichend, um Escobars gut ausgerüsteter Elite mehr als ein paar verzweifelte Guerilla – Siege zu entlocken, welche das Unausweichliche bestenfalls hinaus zögerten. So berichtete Escobar, mit nicht geringer Zuversicht, dieser „lächerliche Aufstand“ würde schon bald unter Kontrolle gebracht sein und die Arbeit in den Fabriken wieder in vollem Gange aufgenommen werden können. Unser anwesender Reporter, welcher die Truppen bei ihrem jüngsten Schlag, welcher eigentlich das Ende von Bandana und den Seinen hätte bedeuten sollen, begleitete um diesen triumphalen Moment für unsere Leser aufzuzeichnen, hatte jedoch etwas gänzlich anderes zu berichten.
Nach einigen weiteren Überfällen, von denen die meisten zurück geschlagen werden konnten, andere jedoch zumindest leichte Erfolge für Bandanas Reihen zu erzielen vermochten, hatten Kundschafter das Lager der Rebellen ausfindig machen können und sich zu einem finalen Stoß vorbereitet. Doch während die aussichtslose Schlacht tobte und sich beide Seiten ein erbittertes Gefecht inmitten des einengenden Waldes lieferten, trat eine weitere Gruppierung auf den Plan, welche die Truppen von Escobar in einem gewagten Flankenangriff in die Mangel nahm, während diese noch die Front gegen die Rebellen hielten. Unser wagemutige Reporter konnte gerade nahe genug an das Geschehen heran gelangen, um die unerwartete Unterstützung der Rebellen als ein Kontingent der Crimson Coin – Söldnerkompanie, unter dem Kommando der ehemaligen Piratin, Geneviere Basilica zu identifizieren, welche den Angriff todesmutig von der Front zu führen schien.
Weit besser bewaffnet, wie auch ausgebildet, als ihre gewohnten Feinde, erwiesen sich die Gardisten als unfähig, dem unerwarteten Angriff stand zu halten, wodurch der Hauptmann sich gezwungen sah, den Rückzug anzuordnen. Unterstützt von den Söldnern, hat sich Bandana zu einer wahren Bedrohung für Sankt Barista heraus gestellt, weshalb es nur eine Frage der Zeit sein mag, bis die Regierung weitere Truppen entsendet, um dieser Bedrohung endlich Einhalt zu gebieten. Wie es jedoch zu der Hilfestellung von Seiten Basilicas kommen konnte, stellt die Behörden auch weiterhin vor zahlreiche Fragen. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Rebellenführer einige unerwartete Geldreserven aufzubringen vermochte, doch erklärt dies keinesfalls das Banner, unter dem die Söldner in den Kampf eintraten, welches nicht ihrer gewohnten Heraldik entsprach. Die Rede, so unser örtlicher Reporter, ist von dem Symbol eines vielschwänzigen Fuchses, ein Zeichen, welches angeblich auch auf anderen Insel gesichtet worden sein soll.
Im Folgenden finden Sie unkommentiert die ungekürzte, unveränderte, transkribierte Aufzeichnung jenes Mannes, der sich selbst nach der dem Gott des Meeres, Poseidon, benannt hat:
Hört mir zu, meine Brüder und Schwestern!
Das Volk der Fischmenscheninsel musste die Inkompetenz unseres Königs nun schon bereits zu lange ertragen! Seht euch um! Seht genau hin! Wo Ihr auch hinschaut, seht Ihr das Versagen Don Charybdis'. Es breitet sich aus wie die Seepockenpest, vergiftet unser Denken und Handeln! Er war es, der die Grenzen geöffnet hat für jene, die von oben kommen. Sein Handeln ist es, welches ihnen Tür und Tor öffnet, um hier hinein zu spazieren und zu nehmen, was ihnen gefällt! Wie viele unserer Brüder und Schwestern sind bereits verschleppt worden? Wie viele Schwestern mussten ihr Leben in einem beengten Aquarium fristen, bis es ihrem so genannten Herren zu langweilig wurde und er ihr unvorstellbares antat? Wie viele Brüder fristen ein Leben in Zwangsarbeit, weil wir für die Bewohner der Oberfläche nicht mehr sind als starke Monster, die sie für ihre Zwecke ausbeuten können? Wer von uns hat noch niemanden verloren? Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass ein jeder von uns bereits jemanden an die Fremden verloren hat, die hier ein- und ausgehen, die mitnehmen, die ihnen gewinnbringend erscheinen und dann so schnell verschwinden, wie sie gekommen sind. Und wessen Schuld ist das wohl? Unsere? Weil wir nicht gut genug aufgepasst haben? Nein! Die unseres Königs! Er ebnet ihnen den Weg und schickt sein eigenes Volk wohlwissend damit in die Sklaverei. Vermutlich verdient er sogar noch daran! Seht euch doch nur an, in was für einem Palast er haust. Goldene Verzierungen für Dächer und Korallenbäume? Wie er sich das wohl leisten kann? Sicher nicht nur dadurch, dass er ein paar Steuergelder veruntreut! Ich sage euch was, er verdient sich damit eine goldene Nase, so siehts aus!
Ich sage wir müssen hart durchgreifen! Die Oberflächler von unserem Land fernhalten und ihnen deutlich machen, dass sie dies mit uns nicht machen können! Dass wir nicht länger zusehen, wie sie uns die nehmen, die wir lieben! Wir müssen härter durchgreifen! Jeden kontrollieren, der rein oder raus will. Hafengebühren für Nicht-Meeresbewohner erhöhen und dadurch unser Land und unsere Kultur schützen. Unsere Bevölkerung! Unsere Kinder! Ein jeder dieser Kiemenlosen soll verstehen, dass sie mit uns nicht spaßen können! Wir müssen ein Exempel an jenen statuieren, die sich gegen unsere Gesetze stellen. Sie einsperren und es ihnen mit gleicher Münze heimzahlen! Dafür sorgen, dass sie nie wieder Hand an einen der unseren anlegen können!
Doch das Übel lauert nicht nur über dem Meer, sondern auch direkt unter uns. Die Rede ist vom Fischmenschenbezirk. Dort kontrollieren nicht einmal unsere ach-so-schutzbietenden Wachen. Dort ist niemand. Die Menschen tun und lassen dort, was sie wollen. Sie stiften unsere Brüder und Schwestern dazu an, sich gegen ihr eigenes Volk zu erheben, sie zu bestehlen, anzugreifen, oder gar zu töten. Oder noch schlimmer, sie zu entführen und ihnen auszuliefern! Und wofür? Für ein bisschen Geld, welches sie dann zum Fenster heraus werfen um sich etwas zu vergnügen! Pah! Wir müssen dem ein Ende bereiten und den ganzen korrupten Bereich auseinander nehmen! Unser Volk wieder ans Licht holen und den Bereich platt machen. Auf dass sich niemand mehr dort verkriechen und üblen Machenschaften nachgehen kann! Der ganze Bereich muss grundlegend aufgeräumt und gesäubert werden, um der Kriminalität keine Chance zu lassen. Unser toller König kümmert sich ja nicht darum, was in seinem Reich geschieht, es scheint ihm ja völlig gleichgültig zu sein, was unter seiner Blase vor sich geht, ansonsten hätte er sich dem Problem mit dem Fischmenschenbezirk schon längst gewidmet und der Kriminalität ein Ende gesetzt! Stattdessen sitzt er lieber auf seinem faulen Hintern, lässt sich mit Seetrauben füttern und verschleudert unsere Gelder!
Doch damit ist Schluss! Ich, Poseidon, werde dem ein Ende setzen. Ich werde bis zu meinem letzten Atemzug dafür kämpfen, dass die Fischmenscheninsel wieder frei ist, frei von Gewalt, frei von Oberflächenbewohnern und frei von einem König, der sein leidendes Volk im Stich lässt!"